Steigende Mieten erweisen sich zunehmend als Problem für viele Mieterinnen und Mieter, sodass sich der Schweizer Nationalrat mit einigen politischen Anfragen beschäftigen muss und das Thema staatliche Mietpreiskontrolle diskutiert, berichtet Michael Oehme Gallus. Seine Beschlüsse waren eindeutig. „Durch die deutsche Brille betrachtet, ist das Thema zu hoher Mieten in der Schweiz jedoch ambivalent, denn die Durchschnittsmieten sind hier in den letzten Jahren nicht großartig gestiegen und im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen durchaus akzeptabel“, meint Gallus Immobilienexperte Michael Oehme.

Michael Oehme, Gallus: Schweizer Wohnungsnot durch fehlendes Angebot

„Zunächst einmal sollte hervorgehoben werden, dass nur durch den Neubau von Wohnungen der steigende Bedarf erfüllt werden kann. Dazu müssen Investitionsanreize geschaffen werden. Das ist auch dem Schweizer Nationalrat klar“, meint Gallus-Immobilienexperte Michael Oehme. Insofern sprach dieser sich Anfang des Jahres dafür aus, die Rechte der Vermieter – also der Wohnungsbesitzer – zu stärken. Künftig soll es einfacher sein, Kündigungen bei Missbrauch oder Eigenbedarf auszusprechen, zudem soll eindeutiger geklärt, welche Voraussetzungen für eine Untervermietung vorliegen müssen. Nun muss sich der Ständerat mit den neuen Regeln der Untervermietung auseinandersetzen. Die Gesetzesvorlage stammt ursprünglich von der Rechtskommission des Nationalrats. Bereits 2017 hatte die grosse Kammer einen Handlungsbedarf wegen Vermietungsplattformen wie Airbnb geortet. „Derart Maßnahmen sind natürlich für sich betrachtet nicht ausreichend, aber schon einmal ein Anfang“, meint Michael Oehme.

Michael Oehme, Gallus: Einsprachen verzögern oft Bauvorhaben

„Ein für das Schweizer Demokratieverständnis wichtiges Instrument ist die Möglichkeit sogenannter Einsprachen bei Bauvorhaben“, sagt Gallus-Immobilienexperte Michael Oehme. Es handelt sich dabei um ein durch die Verfassung geschütztes Recht von Nachbarn eines Bauvorhabens. Was ursprünglich als Rechtsmittel ob der rechtskonformen Umsetzung vorgesehen war, hat inzwischen oft einen anderen Hintergrund: „Die Einsprache ist vermehrt zu einem Mittel des Nachbarn oder der Nachbarin geworden, um die Realisierung unliebsamer Projekte (Nutzungspläne, Baugesuche) möglichst lange hinauszuzögern. Damit werden die Einsprachen ihres Sinnes entleert. Das Fehlen eines Kostenrisikos befeuert diese Tendenz erheblich“, schreibt Leo Müller, Mitte-Fraktion-Nationalratsmitglied Leo Müller in seiner Eingabe im Juni 2023.

„In der Praxis geht es oft auch nur darum, den Bauherren ein paar Gefälligkeiten abzuringen, was vergleichsweise risikolos ist, denn Kosten fallen auf der Seite der Einsprecher nicht an“, so Gallus Immobilienexperte Oehme. Dass diese Situation dem Wohnraummangel von 50.000 Wohnungen bis in drei Jahren in die Karten spielt, da Tausende von Wohnungen durch Einsprachen blockiert sind, scheint nachvollziehbar. Daher hat sich der Nationalrat nun entschieden, diesen Antrag zur Änderung anzunehmen und ihn an die zuständige Behörde abgegeben. Den Kantonen soll dabei die Möglichkeit eingeräumt werden, diesem Missstand durch die Auferlegung „moderater Verfahrenskosten“ an den Einsprecher zu begegnen. „Auch dies ein guter Anfang, der sich allerdings in der Praxis zunächst einmal beweisen muss“, erläutert Oehme.

Michael Oehme, Gallus: Je länger ein Privathaushalt in einer Mietwohnung lebt, desto tiefer ist die Miete.

Michael Oehme, Gallus: Je länger ein Privathaushalt in einer Mietwohnung lebt, desto tiefer ist die Miete.

 

Michael Oehme: Keine staatliche Mietkontrolle

„In Richtung eines Mietpreisdeckels argumentierten gleich drei Abgeordnete – alle aus der Sozialdemokratischen Fraktion – und das, obwohl die Preise für Mietwohnungen in der Schweiz durchaus erschwinglich sind. Dies hat mit dem Referenzzinssatz zu tun, der angekoppelt ist an die Inflationsrate. Und diese ist nur in den letzten beiden Jahren – und auch da nur moderat – gestiegen“, erklärt Gallus Immobilienexperte Michael Oehme. „Generell lässt sich Folgendes beobachten: Je länger ein Privathaushalt in einer Mietwohnung lebt, desto tiefer ist die Miete. Neue Wohnungen, die vor weniger als zwei Jahren gebaut wurden, sind am teuersten. Ältere Wohnungen, die vor weniger als zwei Jahren neu bezogen wurden, weisen dagegen deutlich niedrigere Mietpreise auf. So wird beispielsweise eine neue 4-Zimmerwohnung für durchschnittlich 2112 Franken vermietet, eine neu bezogene ältere Wohnung hingegen für 1700 Franken“ (Zitat Bundesamt für Statistik).

Im Jahr 2022 gaben die Schweizer Mieter im Durchschnitt 21,48 % ihres monatlichen Nettoeinkommens für ihre Miete aus, was neun Prozentpunkte weniger als im Jahr 2019 entspricht. „Man sollte dabei immer berücksichtigen, dass die Einkommensverhältnisse in der Schweiz in der Breite nahezu doppelt so hoch sind wie in Deutschland“, erklärt Immobilienexperte Oehme. Dabei sei es den Vermietern gelungen, faktisch ein System von Marktmieten einzuführen, der aktuelle Referenzzinssatz würde sich belastend auf die Mieter auswirken und den Gemeinden und Kantonen müssten mehr Möglichkeiten eingeräumt werden, auf ihrem Gebiet periodisch zu kontrollieren, ob die Mietzinsen stimmen. „Gegen alle drei Vorlagen verwehrte sich der Ausschuss des Nationalrats. Für die Gemeinden beständen schon jetzt Kontrollmöglichkeiten bei der Einhaltung der Mieten. Eine Koppelung der Mieten an die Leitzinsen sei ja gerade ein regulatives Instrument und eine Einschränkung bei den Mietzinsen sei nicht indiziert, denn eine übertriebene Steigerung der Mieten könne schon mit dem geltenden Recht verhindert werden“, fasst Michael Oehme zusammen.

Im Gegenteil: Durch derart verwaltungstechnisch aufwendige Massnahmen, könnten sich insbesondere energetische Sanierungen von Liegenschaften verzögern, was den Zielen der Energiestrategie 2050 zuwiderlaufe. Ausserdem sei der Referenzzinssatz in den vergangenen 15 Jahren stets gesunken, sei also immer zum Vorteil für Mieter und zum Nachteil für Vermieter ausgefallen. „Alles in allem zeigt der Schweizer Nationalrat wieder einmal Fingerspitzengefühl bei seinen Entscheidungen. Ein Mehr an Staat und Verwaltung – dies zeigt das Beispiel Deutschland – war selten zielführend“, meint Gallus Immobilienexperte Michael Oehme.