Warum boomt die Schweizer Immobilienbranche 2024 weiter, während Deutschland derzeit einen gravierenden Einschnitt im Immobilienmarkt verzeichnet, obwohl der Wohnungsbedarf weiterhin steigt. Vielerorts sind Einfamilienhäuser kaum mehr finanzierbar. Trotz politischem Lippenbekenntnis tut sich also zu wenig. Auch in der Schweiz steigt die Nachfrage nach Wohnraum beständig. Einem erklärten Wunsch der Schweizer Bevölkerung nach, soll sich die Politik jedoch heraushalten. „Bleibt die Frage zu erörtern, weshalb unter vergleichbaren Umständen in dem einen Land die Immobilienbranche stagniert, in dem anderen jedoch boomt“, meint Wahlschweizer und Immobilienexperte Michael Oehme.
Gründe warum die Schweizer Immobilienbranche 2024 boomt: Deutschland Preise sinken – Schweiz Preise steigen
„Bereits im vorangegangenen Beitrag, sind wir auf das fehlende Angebot an Wohnungen in der Schweiz und die Gründe hierfür eingegangen. Heute wollen wir uns anschauen, was die Unterschiede zwischen der Entwicklung der Immobilienbranche beider Länder ausmacht, wenngleich sich beide durch eine große Nachfrage auszeichnen“, erklärt Immobilienprofi Michael Oehme (nachzulesen unter „Für Wohnungssuchende in der Schweiz wird es immer enger„). So sind die Wohnimmobilienpreise 2023 in Deutschland gegenüber dem Vorjahr im bundesweiten Durchschnitt um 8,4 Prozent gefallen, wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Das ist der stärkste Rückgang seit der Jahrtausendwende. „In der Schweiz sind die Preise für Eigenheime dagegen abermals gestiegen“, so Michael Oehme.
Am deutlichsten in der Metropole Zürich. Das zeigt eine Analyse der Zürcher Kantonalbank (ZKB). In der Stadt Zürich zogen die Preise seit 2018 gar um 35 Prozent an. Das hat dazu geführt, dass mehr als jedes vierte Einfamilienhaus in der Stadt inzwischen über 3 Millionen Franken kostet – im Stadtteil Meilen sogar mehr als jedes dritte. Die Preise in Zürich gehören zwar zu den höchsten der Schweiz, doch die steigenden Häuserpreise machen sich auch in vielen anderen Kantonen bemerkbar. Ursina Kubli, leitender Immobilienexpertin der ZKB hält neben weiteren möglichen Massnahmen einen Vorschlag bereit: «Wenn wir die Eigentumsquote in der Schweiz erhöhen wollen, brauchen wir mehr Stockwerkeigentum», sagt sie. Die Einführung von Stockwerkeigentum war laut der Analyse der ZKB der grösste Türöffner zu Wohneigentum. Denn es ist deutlich erschwinglicher als ein Einfamilienhaus. Doch auch hier gibt es einen Wermutstropfen: So dringend die Suche nach Lösungen für finanzierbares Wohneigentum ist, die eigentliche Ursache – nämlich die strukturelle Unterversorgung mit Eigenheimen – wird so nicht gelöst. «Mehr Stockwerkeigentum wäre wünschenswert – doch es müsste erst gebaut werden», so Kubli.
Michael Oehme: Bauwirtschaft wird durch günstige Zinsen verstärkt
„Ein wesentlicher Grund für die Stärkung der Schweizer Immobilienwirtschaft sind weiterhin günstige Zinsen“, erläutert Michael Oehme. So lag in den vergangenen zwei Jahren die Inflationsrate in der Schweiz immer deutlich niedriger als in Deutschland, was auch günstigere Finanzierungskonditionen bedeutet. Derzeit liegt die Inflationsrate in der Schweiz (Stand März) bei einem Prozent. Und die Schweizerische Nationalbank (SNB) läutete aufgrund der guten Wirtschaftsentwicklung überraschend die Zinswende ein und senkte im März 2024 den Leitzins von 1.75 auf 1.5 Prozent. Möglich ist das, weil die Teuerung unter Kontrolle sei, sagte heute SNB-Chef Thomas Jordan. Was bedeutet die SNB-Zinssenkung für Immobilieninteressenten? Zunächst: Kredite werden wieder günstiger, auch Hypothekarkredite.
Das heisst: Der Preis für die Finanzierung von Wohneigentum nimmt ab, zumindest tendenziell. Wenn man nun zum Beispiel eine fünf- oder zehnjährige Hypothek abschliessen oder erneuern möchte, kann man – generell gesagt – von der Bank mehr Entgegenkommen beim Zins erwarten. Zuvor waren die Hypothekarzinsen in der Schweiz über längere Zeit gestiegen – hielten sich aber immer noch bei einem Niveau um zwei Prozent. „Der Grund: Die SNB hatte ihre Leitzinsen von Juni 2022 bis Juni 2023 markant angehoben. Darüber hinaus erhöht das wieder niedrige Zinsniveau auch die Bereitschaft von Immobilienunternehmen, Neubauprojekte anzuschieben. Die Immobiliensuchenden wird es freuen“, so Oehme.
Warum die Schweizer Immobilienbranche 2024 boomt und sich Wohnungsmangel ausweitet
„Wo Finanzierungsmöglichkeiten vorhanden sind, und gleichzeitig hohe Einkommen gezahlt werden, stellt sich die Frage, wie kann es da zu einem Engpass kommen“, fragt sich Immobilienprofi Michael Oehme. Denn bereits in 2026 werden voraussichtlich über 50.000 Wohnungen fehlen, was bei einer Bevölkerung von knapp neun Millionen Bürger eine Menge ist. Die Gründe sind vielfältig. Ursina Kubli, leitender Immobilienexpertin der Zürcher Kantonalbank nennt einige: Eine davon ist die zunehmende Wohnungsnachfrage in den Zentren und deren Peripherie. Sie ist laut dem Beratungsunternehmen Wüest Partner zu 67 Prozent auf den sogenannten Wanderungssaldo zurückzuführen.
Gemeint ist damit nicht nur die Zuwanderung aus dem Ausland, sondern auch aus anderen Kantonen. Weitere 24 Prozent sind mit dem gestiegenen Wohlstand und einem Individualisierungstrend zu begründen. Und schliesslich lässt sich der Wohnungsmangel auch mit dem gestiegenen Alter erklären. Doch es sind nicht nur die älteren Menschen, deren Quadratmeterverbrauch wächst. Viele wollen eben auch Raum für Hobbys, Besuch oder fürs Homeoffice. Laut einer Studie der EFH Zürich sind Wohnungen, die zwischen 2000 und 2020 gebaut wurden, 17,4 Prozent grösser als der Durchschnitt aller bestehenden Wohnungen.
Michael Oehme: Wird Kaufen bald wieder günstiger als Mieten?
„In einem gewissen Mass könnte eine Trendwende wieder eintreten, wenn es in der Schweiz wieder günstiger wird zu Kaufen statt zu Mieten. Denn auch das Angebot an Mietwohnungen ist äusserst beschränkt“, erklärt Immobilienexperte Michael Oehme im Zusammenhang mit explodierenden Mieten in der Schweiz. So verheißt die aktuelle Situation in der Schweizer Immobilienbranche 2024 für Mieter nichts Gutes. Das zumindest berichtet der jüngste Quartalsreport von Raiffeisen Schweiz. Hohe Zuwanderung, ein knappes Angebot und die geringe Bautätigkeit werden die Mietpreise hochschnellen lassen, so das Fazit. Gleichzeitig rechneten die Experten ab der zweiten Jahreshälfte 2024 wieder mit sinkenden Leit- und Hypothekarzinsen. Bereits im März war dies eingetreten. «Kaufen ist derzeit teurer als Mieten.
Dieser Zustand wird sich aber wohl als ein kurzes Intermezzo entpuppen», kommt Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile in dem Bericht zum Schluss. Bei den Mieten werde das Wachstum auf absehbare Zeit das allgemeine Preiswachstum übersteigen, ist Hasenmeile überzeugt. Das betreffe insbesondere Neumieter. Aufgrund der wieder sinkenden Hypothekarzinsen erwartet er beim hypothekarische Referenzzinssatz keine weitere Erhöhung. Die Chancen für Käufer werden insofern wieder besser, weshalb die Zinsbelastungen beim Kauf einer Immobilie prozentual bald wieder günstiger sein könnten als mögliche Mietzinsen.
Diese Situation hat die Schweiz bis vor wenigen Monaten viele Jahre geprägt. „Wie man es auch immer betrachtet, wird sich an der Nachfragesituation in der Schweiz bei gleichbleibend hohem Beschäftigungsgrad, hohen Einkommen, günstigem Zinssatz und wachsender Zuwanderung einer kaufkraftstarkem Klientel in den kommenden Jahren nur wenig ändern. Die Immobiliensituation in der Schweiz zeigt sich damit als deutlich krisenresistenter und berechenbarer als in anderen europäischen Ländern“, erklärt Immobilienprofi Michael Oehme.