Eine stetig steigende Bevölkerung, schwache Bautätigkeiten und der Andrang von gutverdienenden Menschen aus dem Ausland sind Indikatoren für das steigende Mietniveau in der Schweiz, während die Presse teilweise über explodierende Mieten in der Schweiz schreibt. Nicht zuletzt führte die Anhebung des Referenzzinssatzes zu Mieterhöhungen in den letzten zwei Jahren.
Mieterhöhungen allerorten. Da werden sogar die sonst so entspannten Schweizer sauer. Grund genug, sich zu wehren. Viele Mieter melden sich daher bei Schlichtungsstellen. Die mussten sogar ihr Personal aufstocken. „Laut neuen Zahlen des Bundesamtes für das Wohnungswesen aus dem ersten Halbjahr 2023 ist die Anzahl der Schlichtungsverfahren deutlich gestiegen: Im Vergleich zum Vorsemester haben sie um über 42 Prozent zugenommen. So etwa in Zürich. Die Mietschlichtungsstelle des Bezirks Zürich hat alle Hände voll zu tun. Mit über 2300 offenen Fällen ist der Arbeitsberg enorm. Im Sommer seien es sogar mehr als 3000 gewesen“.
Steigende Wohnungsnot und explodierende Mieten in der Schweiz
Fakt ist: Für Mietsuchende wird es immer enger. Denn derzeit sind auf den Immobilienportalen laut einer Studie von Raiffeisen Schweiz nur rund 34.000 Wohnungen ausgeschrieben – so wenig wie seit zehn Jahren nicht. Besonders begehrt sind Stadtwohnungen, wenn sie noch bezahlbar sind. Daher wächst auch die Nachfrage in den Agglomerationen. Da die Zahl der Baubewilligungen für neue Wohnungen auf ein Zwanzig-Jahres-Tief gesunken ist, hat sich das Angebot in nur zwei Jahren halbiert. Mit zu diesem Effekt trägt die rekordhohe Zuwanderung bei. Mehr als 100.000 Personen kamen letztes Jahr netto in die Schweiz. So viele Menschen wie nie zuvor.
Dieser Trend dürfte auch in diesem Jahr anhalten. Auf die starke Bevölkerungsentwicklung macht auch eine Studie der UBS vom Dezember aufmerksam: Danach dürfte die 9-Millionen-Grenze bereits in der ersten Hälfte des Jahres geknackt sein. UBS erwartet zehn Millionen Menschen in der Schweiz Mitte der 2030er Jahre und konstatiert: „Noch nie stieg die Wohnbevölkerung so stark an.“ Wichtiger noch: Da die Bauentwicklung weiterhin restriktiv ist, dürften laut UBS bis 2034 mindestens 150.000 Wohnungen fehlen. Die Mieten werden in den kommenden Jahren daher schneller steigen als die Einkommen.
Drohende Mietpreiserhöhungen
Und während die in der Schweiz wohnenden Menschen insbesondere bei den Bestandsmieten in den vergangenen Jahren aufgrund des tiefen Referenzzinssatzes verwöhnt waren – dieser orientiert sich an der Inflationsrate und die war in den vergangenen Jahren historisch niedrig -, stieg diese auch in der Schweiz (wenn auch nur moderat) in den Jahren 2022 und 2023 und damit können Vermieter zum ersten Mal seit längerer Zeit erkennbare Mieterhöhungen vornehmen. Beispielsweise stiegen die Mieten von Bestandswohnungen im vergangenen Jahr um 2,2 Prozent, was an einer zweimaligen Anpassung des gesetzlichen Referenzzinssatzes auf 1,75 Prozent lag. Noch deutlicher wird dies bei neu ausgeschriebenen Wohnungen: Denn die sogenannten Angebotsmieten haben sich im Verlauf des vergangenen Jahres im Durchschnitt um 4,7 Prozent erhöht – dem stärksten Anstieg seit 2008 und damit ein starker Indikator für explodierende Mieten in der Schweiz.
„Der Schweizer Wohnungsleerstand hat sich im Jahr 2023 bereits das dritte Mal in Folge reduziert. Gemäß dem Bundesamt für Statistik ist der Leerstand im Vergleich zum Vorjahr um 10.9 Prozent gesunken und beträgt mit 54’765 Wohneinheiten gegenwärtig 1,15 Prozent des Schweizer Wohnungsbestandes“, schreibt Wüest Partner. Wenn man in der Schweiz von Vollbeschäftigung spricht, wäre dies eigentlich Vollvermietung. Martin Tschirren, der Chef über das Wohnungswesen in der Schweiz, zeichnet daher ein düsteres Bild: Bis 2026 könnten Mietzinserhöhungen von über 15 Prozent möglich sein. Die Schweiz stecke in einer Wohnungskrise. Aus ihr dürfte nur schwer herauszukommen sein.